Gedichtanalyse „Mondnacht“ von Joseph Eichendorff

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Gedichtanalyse „Mondnacht“ von Joseph Eichendorff

1) Einleitung

Joseph Eichendorff schrieb im Jahre 1837, der Blüte der romantischen Epoche, das Gedicht „Mondnacht“.
Hierbei handelt es sich um ein Gedicht, das nicht nur dem einfachen Leser gefällt, sondern genauso bei anderen Künstlern großen Eindruck hinterließ. So gibt es am Ende des 19. Jahrhunderts an die 40 Vertonungen, von denen die Vertonung durch Robert Schumann wohl die bekannteste ist.

Thomas Mann beschrieb Eichendorffs Werk als „Perle der Perlen“, Theodor W. Adorno meinte, dass es so sei „als wäre es mit dem Bogenstrich gespielt“ und der Lyrikerin Ulla Hahn scheint es, als ob „innere und äußere Landschaft miteinander verschmelzen“.

Des Weiteren glaubt Peter Paul Schwarz an eine „Verwandlung oder Verzauberung der Wirklichkeit“ und Wolfgang Frühwald vernimmt eine „orphische Melodie der Nacht“.
Die Hauptaussage des Gedichtes liegt in der Sehnsucht nach vollkommenem Einssein, einer sehr typischen Wunschvorstellung der Epoche der Romantik.

2) Inhaltsangabe

Der Inhalt des Gedichts bezaubert den Leser mit der Schönheit der Sprache und den sprachlichen Bildern.

In der ersten Strophe werden der Himmel und die Erde als Liebende beschrieben, die sich zu küssen scheinen. Die Erde scheint vom Himmel im Schimmer der Blüten zu träumen.

In der zweiten Strophe lässt sich die Stille der sternenklaren Nacht förmlich spüren, denn die Ähren wiegen in den Feldern und das leise Rauschen der Wälder sind gut zu hören.

In der letzten Strophe scheint die Heimkehr oder die Erlösung nah, denn die Seele spannt ihre Flügel aus und durch die Stille fliegend, erreicht sie das Ziel, das ihr guttut und Heimat verspricht.

Im gesamten Text lässt sich der Wunsch nach Einheit von Mensch und Natur erkennen.

3) Strukturanalyse

Eichendorffs „Mondnacht“ setzt sich aus drei Strophen zusammen zu je vier Versen, also 12 Versen insgesamt.

Das ganze Gedicht ist in einen unreinen Kreuzreim gefasst und wird vom Jambus als Metrum dominiert, bis auf die dritte Strophe, wo sich im zweiten und dritten Vers ein Trochäus bemerkbar macht. Des Weiteren finden sich wechselhafte Kadenzen, die sich folgendermaßen aufteilen:

In der ersten und dritten Strophe sind die zweiten und vierten Verse weiblich, während sie in dem ersten und dritten Vers der ersten und dritten Strophe und der ganzen zweiten Strophe als männlich zu bezeichnen sind. Einmal steigen sie, dann sind sie wieder fallend.

4) Sprachanalyse

Die Sprache Eichendorffs bedient sich vieler poetischer und sprachlicher Bilder, die den Inhalt sehr gefühlsecht transportieren. Zum Beispiel „Die Luft ging durch die Felder“, „es rauschten leis die Wälder“ oder „ es war als hätt der Himmel, die Erde still geküsst“ verdeutlichen den romantischen Hintergrund.

Es handelt sich hier um sprachliche Bilder, Personifikationen oder Vergleiche. Dies wird deutlich, indem die Erde träumend und der Himmel küssend dargestellt werden. Der Vergleich offenbart sich in den Ausdrücken „es war als…“ und „ als flöge sie“.

Die Vergleiche und der verstärkte Gebrauch der Möglichkeitsform kreieren eine ganz eigene Stimmung, die in der zweiten Strophe durch das Einbeziehen der Sinneswahrnehmungen noch intensiver wird und im dritten Teil des Gedichts reagiert das lyrische Ich auf diese Gewalt von wunderbaren Eindrücken der Natur und dieser einzigartigen Nacht.

Der Konjunktiv zu Beginn verdeutlicht das träumerische und nur Imaginäre. Das lyrische ich verhält sich in den ersten beiden Strophen eher zurückhaltend, beschreibt und erzählt, während es dann in der letzten Strophe eigene Gedanken und Vorstellungen von sich preisgibt.

Der Titel „ Mondnacht“ ist sehr offen formuliert und lässt Freiraum für Gedanken und individuelle Vorstellungen, die jeder Einzelne bei der Schilderung einer beinah magischen Natur tief in seinem Innersten empfindet.

5) Interpretation

Das Gedicht „Mondnacht“ von Joseph von Eichendorff ist ein Meisterstück der Romantik und beschreibt auf sehr gefühlvolle und ästhetisch ansprechende Weise die Suche nach einer Erfüllung, einer Sehnsucht nach einem Zuhause. In dieser besagten Mondnacht gelingt es dem lyrischen Ich, dieses Gefühl des Heimkommens, sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen.

Die Seele scheint frei zu fliegen, es ist etwas möglich, was bisher nicht möglich war und der Leser empfindet bei der Lektüre selbst dieses unbändige Gefühl einer erlebten Freiheit, einer Erlösung oder Erfüllung.

6) Schluss

Das Gedicht berührt den Leser mit seiner Intensität der Gefühle, die es illustriert. Es werden sehr deutlich die wichtigsten Inhalte der Romantik transportiert. Das lyrische Ich durchlebt in den perfekt inszenierten Schilderungen, die Eichendorff zur Perfektion bringt, die Sehnsucht nach der glücklichen Vereinigung mit der Natur und die angestrebte Harmonie oder den Gleichklang mit derselben.

Es charakterisiert eine Suche nach einem Zuhause, einem Daheim oder vielleicht einer Erlösung beziehungsweise einer Befreiung. Die Einheit von Sprache, Form und Inhalt, die Eichendorff mit dem Werk schafft, ist genial. Dieser Mondnacht gelingt es, diese Sehnsüchte, Wünsche und Idealvorstellung zu erfüllen. Eichendorff gelingt die glückliche Vereinigung von Mensch und Natur zu einer vollkommenen Einheit.

Das Gedicht kann als einfach nur schöne Worte mit einer magischen Stimmung gelesen werden, kann aber auch tief psychologisch und im literaturwissenschaftlichen Kontext betrachtet werden und eignet sich herrlich sowohl für Studienzwecke als auch Stunden der Muße.

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